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  • AutorenbildTanja

Zugang verwehrt von Francis Seeck

Aktualisiert: 6. Okt. 2022

Heute gibt es eine ganz kurze Rezension zu einem ganz dünnen Buch. Denn obwohl sich Francis Seeck mit "Zugang verwehrt" an ein deutsches Grundlagenwerk zu Klassismus gemacht hat, füllen die gefundenen Worte und ausformulierten Gedanken nicht mal 100 Seiten. Ich finde: Umso besser!


Themenmonat Klassismus


Im September haben wir uns dazu entschieden ein Monatsbuch zum Thema Klassismus auszuwählen - eine Diskriminierungsform, die in unseren Betrachtungen bisher oft zu kurz gekommen ist. Da wir allerdings im August ein in Teilen sehr Theorie-lastiges Buch über Sexarbeit gelesen hatten, stand uns der Sinn mehr nach Erzählungen aus dem Leben betroffener Personen als nach Ausführungen über Marx und Bourdieu. Wie wir mit dieser Wahl zufrieden waren, erfährst du in der zugehörigen Rezension.


An dieser Stelle kann ich aber schon mal verraten: Mir hat ein Einstieg gefehlt. Obwohl ich im Groben weiß was Klassismus ist und wie er wirkt, so fiel es mir doch schwer meine Gedanken zum Thema auszudrücken, ohne diskriminierende Begriffe zu reproduzieren und immer schwang der leise Verdacht mit, ich könnte etwas übersehen. Daher habe ich entschieden, doch noch ein Sachbuch zu Rate zu ziehen und ich war mit meiner Auswahl mehr als zufrieden.


Worum geht's?

Ich werde nicht im Detail auf den Inhalt eingehen. Denn wie immer habe ich an allen wichtigen Stellen und bei jedem klugen Gedanken einen Vermerk angebracht - bis mir relativ schnell die Post-its ausgegangen sind. Diese knapp 100 Seiten sind durchgehend relevant! Seeck blickt aus verschiedenen Perspektiven auf Klassismus, stellt unzählige Fragen zu Klassenherkunft sowie Klassenposition in Verbindung mit Bildung, Gesundheit, dem Kulturbetrieb, Wohnungslosen- und Erwerbslosenfeindlichkeit. Ein großer Pluspunkt ist die Berücksichtigung von Mehrfachdiskriminierungen, die exemplarisch anhand von Sexismus, Rassismus und aus ostdeutscher Perspektive umgesetzt wird.


So habe ich - in der wohl kürzesten und wirklich leicht verständlichen Ausführung - wichtige Schlüsselbegriffe (und hier eben doch Marx und Bourdieu) kennengelernt, Studienergebnisse verinnerlicht, viele neue Fragen und teilweise auch ihre Antworten gefunden und auf den letzten Seiten den ersehnten Hinweis auf eine diskriminierungsfreie Sprache bekommen ("erwerbslos" statt "arbeitslos", "bildungsbürgertumsfern" statt "bildungsfern" und "einkommensarm" statt "sozial schwach" -> S. 100).


Ich habe eingangs ja versprochen nicht zu ausschweifend zu werden und das will ich heute auch mal tun - weil ich von Francis Seeck gelernt hab, dass man sich gleichzeitig kurzfassen und doch alles Wichtige verständlich rüberbringen kann. Und wer mehr wissen will, kann dank der gegebenen Anstöße selbst aktiv werden. Ich vergebe die volle Punktzahl für dieses Buch als Einstiegswerk und rufe euch zu: Lest das!


Zur Autor*in


Francis Seeck wurde 1987 in Ostberlin geboren und erlebte in Kindheit und Jugend die Auswirkungen der Klassengesellschaft. Heute lehrt Seeck als promovierte Kulturanthropolog*in zu sozialer Gerechtigkeit an der HU Berlin und gibt Antidiskrimierungstrainings. Gemeinsam mit Brigitte Theißl herausgegeben, erschien 2020 der Sammelband "Solidarisch gegen Klassismus". In unserem Monatsbuch "Klasse & Kampf" ist Seeck mit einem Essay vertreten. Die "ethnographische Studie zu trans und nicht-binärer Sorgearbeit" steht noch auf unserer Leseliste.


"Zugang verwehrt" ist im März 2022 im Atrium Verlag erschienen und Teil der Zündstoff-Reihe. Das Taschenbuch ist für 9,00€ zu haben. ISBN: 978-3-85535-128-2

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