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Kinderbücher aus dem Zuckersüß Verlag

Im November haben wir uns mit "Diversität im Kinderbuch" auseinandergesetzt. Die Grundlagen zu diesem wichtigen Thema haben wir im gleichnamigen Blogpost in der Rubrik "Literatur & Feminismus" für dich zusammengefasst. Ergänzend möchten wir dir nun die beiden Kinderbücher, die wir im Rahmen des feministischeslesen-Buchclubs unter die Lupe genommen haben, vorstellen.


Ein Mädchen wie du (ab 3 Jahren)

von Frank und Carla Murphy, illustriert von Kayla Harren

im feministischeslesen-Buchclub gelesen und rezensiert von Tanja


In einer idealen Welt, frei von allen Geschlechterklischees, könnte dieses Buch genauso gut den Titel "Ein Kind wie du" tragen. Denn im Mittelpunkt der 32 Seiten stehen verschiedene Aktivitäten, Charakterzüge und Kinder, so unterschiedlich wie man sie sich nur vorstellen kann. Trotzdem heißt das Buch von Frank und Carla Murphy "Ein Mädchen wie du" - und das zurecht. Denn leider leben wir nicht in einer vorurteilsfreien Welt, sondern in einer, in der Mädchen oft als schüchtern, still und niedlich dargestellt werden. Und eben deshalb werden mit diesem Buch aktive Attribute gezielt für Mädchen in den Vordergrund gestellt: stark sein, mutig sein und kühn sein.


Dieses wunderschön illustrierte Bilderbuch bietet keinen Platz für Stereotype, ist jedoch auch kein binäres Gegenbeispiel, indem alles vermeintlich Weibliche negiert würde. Es zeigt, ganz einfach, zahlreiche Facetten des Lebens: Mädchen in verantwortungs-vollen Situationen, Mädchen beim Camping, Mädchen beim Freundinnen-abend mit Nagellack, wütende Mädchen, lachende Mädchen, Mädchen, die Dinge reparieren, Sport treiben oder stricken, Mädchen in Gruppen, Mädchen, die die einsame Stille genießen, Mädchen, die für sich einstehen.


Eine richtige Geschichte gibt es in diesem Buch nicht, dafür zahlreiche Ausschnitte aus dem Leben eines Kindes mit Handlungsempfehlungen in Appellform, direkt an das Kind gerichtet. So ist es auch möglich das Bilderbuch in Etappen zu erkunden, vielleicht sogar eine Doppelseite pro Tag unter dem Motto: "Was hat das Mädchen heute erlebt?"


Wem diese Empfehlung zu sehr nach Langeweile oder nur nach kurzzeitiger Beschäftigung klingt, der*dem sei ein Blick ins Buch empfohlen. Schon auf der ersten Seite können Betrachtende ewig verweilen und alle Details erkunden, die bunt, lustig und kindgerecht dargestellt sind, gleichzeitig aber als Gesprächsgrundlage für Themen wie Hautfarbe / Ethnie / Kultur / Religion, Körper, Geschlecht, Behinderung oder einfach Stil und Vorliebe dienen. Dargestellt werden Kinder mit verschiedenen Hautfarben und Körperformen, ein Mädchen mit Kopftuch, eines mit einer Beinprothese, ein Junge im Rollstuhl, große und kleine Kinder mit und ohne Brillen, ein Mädchen mit Vitiligo (pigementarmen Hautflecken), Kinder mit großen Ohren oder Zähnen sowie liebevolle Erwachsene - allesamt mit den verschiedensten Hautfarben. Zudem sind die kleinen Details der Illustrationen, die mit viel Liebe nahezu versteckt wurden, schier unerschöpflich.


An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die Protagonistin nicht nur ein Mädchen ist - was in Kinderbüchern eher selten der Fall ist¹ - sondern auch eine Person of Colour. Damit leistet das Bilder-buch tolle Arbeit beim Aufbrechen von Gender-Rollen und ebenfalls im Bereich des Antirassismus: Es zeigt Schwarze Menschen und People of Colour als eine Selbstverständlichkeit, ohne diese als "Andere" zu charakterisieren oder ihre Hautfarbe zu thematisieren. Sie sind einfach Teil der Vielfalt unserer Gesellschaft.


Je nach Alter des Kindes können beim Betrachten und Lesen Aspekte weggelassen oder stärker in den Vordergrund gerückt werden, sodass sich das Buch für Kinder von 3 bis etwa 9 Jahren eignet und gerne auch mehrmals zu verschiedenen Zeitpunkten aus dem Regal geholt werden darf. So können mit kleineren Kindern z.B. Emotionen in den Gesichtern der Figuren besprochen werden, für größere Kinder bieten die Autor*innen im Nachwort eine Schreib-Aktivität, die sich mit Fragen wie "Wie viele Beispiele für Freundlichkeit kannst du in diesem Buch finden? Was für ähnliche Sachen hast du für andere getan - oder sie für dich?" wie ein Arbeitsblatt zum Buch gestaltet.


Im Zuckersüß Verlag ist als Pendant auch das Buch "Ein Junge wie du" erschienen.



Liebe deinen Körper (von 8 bis 14 Jahren)

von Jessica Sanders, illustriert von Carol Rossetti

im feministischeslesen-Buchclub gelesen und rezensiert von Natalie


Jessica Sanders schreibt "Die Anleitung zur Selbstliebe" für Kinder zwischen 8 und 14 Jahren - gerichtet hauptsächlich an Mädchen, wobei sie auch ausdrücklich alle Jungen dazu einlädt, einen Blick in das Buch zu werfen. Mit Selbstliebe meint die Autorin in diesem Werk vor allem die Akzeptanz und Wertschätzung, die den eigenen Körper betreffen. Egal ob groß, klein, dick, dünn, weich, knubbelig, pickelig oder mit Amputationen: Erlaubt ist alles - Einschränkungen gibt es keine.


Auf 40 Seiten erklärt Sanders, dass jeder Körper einzigartig ist und man seinen

eigenen Körper schätzen und lieben sollte - wieso auch nicht, wenn er doch extra für einen selbst gemacht wurde? Dass es ganz egal ist, welche Form, Farbe, Bekleidung oder s.g. "Schönheitsmakel" der eigene Körper hat, ist unbestreitbar eine Message, die verbreitet werden darf und gerade auch schon bei jungen Kindern gefestigt werden sollte. Deshalb ist dieses Thema meiner Meinung nach auch Pflichtprogramm für

alle Eltern, Lehrer*innen oder Betreuer*innen. Dabei ist dieses Bilderbuch sicherlich eine schöne Hilfe, sich ganz leicht und unkompliziert an dieses Thema heranzutasten.


Trotzallem gibt es auch etwas Kritik: Die Aufmachung als typisches Bilderbuch, die Illustrationen und die Formulierung an manchen Stellen sprechen doch eher ein jüngeres Publikum an, welches man sicherlich auch auf 6 Jahre senken könnte. Im Gegensatz dazu könnten Ausdrücke wie "Me-Time" oder "Selfcare" vielleicht für 8-jährige Kinder doch etwas schwer greifbar sein. So wäre mein Vorschlag, lieber zwei unterschiedliche Bücher herauszubringen, die gerne ähnlich Illustriert und ähnlich

aufgebaut sein können, sich aber dann doch einer unterschiedlichen Ausdrucksweise bedienen und bei der Aufmachung gerade für die älteren Kinder vom klassischen Kinderbuch etwas distanzieren. Auch denkbar wäre ein chronologischer Aufbau des Buches, um mit kleineren Kindern vorerst einen Teil des Buches zu lesen und Themen wie Pubertät und Selfcare für einen späteren Zeitpunkt aufzuheben.


Ein Punkt, der diese kleine Kritik jedoch meilenweit wettmacht und dieses Buch zu einem wirklichen Schatz im Bücherregal werden lässt, sind die Illustrationen von Carol Rossetti. Mit unglaublich viel Liebe zum Detail zeichnet sie Mädchen in allen erdenklichen Formen und zeigt, wie Diversität aussehen kann. Zu sehen sind nicht nur verschiedene Körper, sondern richtige Charaktere, die selbst beim mehrfachen Anschauen immer wieder mit ihrer Vielfältigkeit und kleinen Details auffallen (Dehnungsstreifen, Pigment-veränderungen, Haaren an allen Körper-stellen, Amputationen, uvm.). So lassen sich für junge und alte Leser*innen immer wieder Unterschiede und Gemeinsamkeiten finden und entdecken, wie vielseitig ein Körper sein kann. Das Buch birgt nicht nur Spaß beim mehrfachen Anschauen, sondern auch viel Gesprächspotential, sodass man es mit Kindern auf unterschiedlichen Ebenen und abstufender Tiefe interpretieren und verstehen kann.


Ein echtes BILDERbuch, welches zum genaue Hinschauen auffordert und mit

einer tollen Botschaft überzeugen kann. Ergänzend zum Buch gibt es auf der Zuckersüß-Website fünf Ausmal-Vorlagen mit ergänzenden Motiven und ein Poster zum Thema Self-Care.


Der Zuckersüß Verlag


Anna und Lukas, die sowohl im Privaten als auch im Beruflichen als Team auftreten, haben es sich zur Aufgabe gemacht Kinderbücher zu verlegen, die sich über stereotype Grenzen in den Bereichen Gender, Race und Ableismus hinwegsetzen. Seit 2019 existiert der familiäre Verlag mit den zuckersüßen Kinderbüchern in Berlin und arbeitet mit Herzblut an einer vielfältigeren Zukunft des Marktes.



Mehr Inspiration zu diversen Kinderbüchern


Wir finden es wichtig, dass Kinder viel Kontakt zu Büchern haben. Um über die Jahre keine Langeweile aufkommen zu lassen, ist jedoch eine lange Liste mit vielen wertvollen und spannenden Geschichten nötig. Damit du für ein abwechslungsreiches Programm auf ausreichend empfehlenswerte Kinderbücher zurückgreifen kannst, haben wir gemeinsam mit unserer Instagram-Community Accounts gesammelt, die sich mit viel Herzblut eben diesem Thema verschrieben haben. Viel Spaß beim Stöbern!



Du kennst noch mehr inspirierende Instagram-Accounts zu vielfältigen Kinderbüchern? Dann schreib uns doch eine Nachricht und wir ergänzen unsere kleine Liste gerne.



Quelle:


¹ Eine Studie zu dieser Behauptung besprechen wir im Blogpost "Diversität im Kinderbuch"


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